Der Preisträger 2022

Alard von Kittlitz mit Sonder

Alard von Kittlitz gewann mit seinem phänomenalen Debüt Sonder (Piper) den Deutschen Popliteraturpreis, der 2022 zum ersten Mal in Augsburg vergeben wurde. Die Jury, bestehend aus Polina Lapkovskaja, Alexa Hennig von Lange, Eckhart Nickel und dem Team des Literaturhauses Augsburg, freute sich über starke Einsendungen wie Mithu Sanyals Identitti und Anaïs Meiers Mit einem Fuss draussen.


In Sonder folgen wir dem nerdigen Produktdesigner Peter Siebert in eine abgefuckte Welt in naher Zukunft. Man könnte ihn als intellektuell eher schlicht beschreiben, ästhetisch jedoch aufs feinste ausdifferenziert, z.B. trägt er eine gebrauchte alte Rolex, entsprechend dem japanischen Schönheitsideal »Wabi-Sabi«. Er weiß nicht, wer er ist, wohin er will, er ist transzendental obdachlos in einer Welt, an deren kapitalistischem Ende größenwahnsinnige Menschheitsvisionen stehen, zugunsten derer alle ethischen Bedenken über Bord geworfen werden. Wie auch heute bereits in erfolgreichen Unternehmen schlägt die quantitative Logik die qualitative. Was zählt Sieberts Leben, nachdem sein Gehirn für das Große und Ganze der Menschheit gegrillt wird?

Peter Siebert erinnert die Jury an den namenlosen Antihelden aus Christian Krachts Klassiker der historischen Popliteratur Faserland. Immer noch dieselbe Einsamkeit, dieselbe alte Leere, die Welt und ich durchdringen. Den Ton beschreibt die Jury als noch erbarmungsloser, noch kälter, noch zynischer, noch normaler. »Alle Figuren des Romans sind von einem derartig haarsträubenden, schönen Nichts umgeben, das ich beim Lesen so sehr spüre, dass ich in seinen Strudel hinabgezogen werde.«, schwärmt Dr. B.  Für die Jury blieben am Ende einige Fragen unbeantwortet: Was bleibt übrig von dieser Welt? Worin liegt die Lösung? Im antimodernen neuromantischen Rückzug in die Einsamkeit des Waldes, ins Private, wie Harald, der bescheidene Bruder Sieberts? In einer neuen gemeinschaftsorientierten und wertebasierten Utopie? Alard von Kittlitz kann doch nicht einfach die Schönheit der Sprache der Vernichtung feiern oder doch? Darf das Literatur? Natürlich! Und er macht das wahnsinnig gut.

Und am Ende sitzt jemand am Strand, wir werden Ihnen nicht verraten, wer, mit einem IPod-Shuffle und hört Musik, die Air aus Bachs Ouvertüre Nummer 3. Das ist Popliteratur von heute!


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